Bielefeld/Westfalen. In seiner Weihnachtsbotschaft ruft Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, zur Hoffnung auf. Der „Krisenmodus“ des Jahres 2023 erfordere einen „Weihnachtsmodus“ für den Blick auf die Welt und das eigene Leben, der an die Liebe Gottes erinnere, der als Mensch zur Welt gekommen sei, um uns Menschen nahe zu sein.
Die Weihnachtsbotschaft im Wortlaut (und hier im Video):
Krisenmodus – das Ende eines Jahres rückt nahe, in dem dies Wort zum Inbegriff der Zeit geworden ist. Zwei Wochen vor dem Fest kam die Meldung, Wort des Jahres: Krisenmodus. Man muss das kaum illustrieren, allen ist es vor Augen. Die Bilder aus der Ukraine, Krieg als Normalität. Der mörderische Gewaltexzess in Israel am 07. Oktober, der Krieg in Gaza seitdem, und in der Folge – einmal mehr und immer wieder, bei uns und weltweit: neue Ausbrüche des alten antisemitischen Irrsinns, Juden, die in Deutschland um ihr Leben fürchten, weil sie Juden sind. Angesichts all dessen fast zu schweigen von den anderen Schüttel-Krisen dieser Zeit. Inflation und leere Kassen, Staatsfinanzen unter Wasser, Pflegenotstand, unterfinanzierte Sozialsysteme. Und über allem – immer noch gar zu gern verdrängt: der Wandel des Klimas, viel schneller als gedacht in Fahrt gekommen.
Krisenmodus. Ja, das passt zur Zeit. Leider auch zu uns selbst. Die Kirche ist so wenig heil wie die Welt. Schon weil es Menschen sind, die sie gestalten. Und dass die Krise keineswegs katholisch ist, haben die letzten Wochen ein für alle Mal gezeigt. Wir müssen uns den Krisen stellen.
Doch Gott sei Dank, dreimal unterstrichen Gott sei Dank: Jetzt feiern wir Weihnachten. Trotz alledem und wie alle Jahre zuvor. Erinnern an Gott, der weiß, wer wir sind von Anbeginn an: Katastrophenwesen. Es reicht schon ein Apfel, und wir sind ab vom Weg. Gewalt ist Teil des Menschen, das steht seit Kain uns auf die Stirn geschrieben. Und gute Gebote schreiben wir gern in den Wind, Propheten hin, Propheten her, wir neigen stur zum Eigensinn. Der Mensch, das Katastrophenwesen.
Und was tut Gott? Legt sich als Kind in eine Krippe. Kommt uns nah – und natürlich am Ende unter die Räder. So ist nun mal der Mensch.
Aber so ist nun mal Gott. Nichts als himmelweite, abgrundtiefe Liebe. Über der heillosen Welt der Krisen und Katastrophen steht seitdem der Stern von Bethlehem. Das Zeichen der himmlischen Liebe, menschgeworden für dich und mich und alle Welt. Gott lässt die Welt und dich keineswegs zum Teufel gehen. Sondern schenkt sich her. Menschenskind.
Ob wir Krisenmodus können – weiß ich nicht, wird sich zeigen. Im Weihnachtsmodus aber will ich diese Zeit und diese Welt und mein Leben betrachten. Von Gott geliebt. Und zur Hoffnung berufen. Immer und unter allen Umständen.
Ich wünsche Ihnen ein frohes, friedliches und gesegnetes Weihnachtsfest 2023. Feiern wir die Ankunft der Liebe – und tun wir dann, was nötig und hilfreich ist. Aus Liebe zu den Menschen und zur Welt.
Glückauf und Gott befohlen. Lasst uns Weihnachten feiern.“