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„Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist“ – Festgottesdienst zur Einführung von Pfarrerin Nele Kaiser in die Pfarrstelle der Evangelischen Thomasgemeinde

Im Anschluss an den Gottesdienst trafen sich die Mitwirkenden und Vertreter:innen der Thomaskirchengemeinde zum Gruppenbild auf der Gemeindewiese, im Talar: Pfarrerin Christine Jürgens (v.l.n.r.), Pfarrerin Nele Kaiser, Superintendent Holger Erdmann und Pfarrer Moritz Gräper. Foto: Hatkemper

Münster. Weit über 200 Menschen feierten am Sonntag, den 14. Mai gemeinsam einen Gottesdienst in der Jakobuskirche zur Einführung von Nele Kaiser als Pfarrerin der Evangelischen Thomasgemeinde. Die 32-jährige trat ihren Dienst Anfang Mai an.

Superintendent Holger Erdmann begann seine Predigt mit einem großen „Dankeschön“ an alle Menschen, die die Thomasgemeinde sicher durch die Herausforderungen der Vakanzzeit gesteuert haben. Allen voran dankte er dem Presbyterium für die gelungene Gestaltung der Zeit nach der Pensionierung von Pfarrer Martin Mustroph im September 2022 bis zur Wiederbesetzung der Pfarrstelle durch Pfarrerin Nele Kaiser. Sein Dank gilt ebenso den vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, Prädikant*innen und Kolleg*innen aus der Nachbarschaft, im Ruhestand und im aktiven Dienst, die „Hand in Hand gearbeitet und das Schiff der Gemeinde gut auf Kurs gehalten“ haben.

„Du bringst eine Schatzkiste an Erfahrungen und Erlebnissen mit“, wandte sich Erdmann an die neue Pfarrerin, „deine Homebase ist Rheine-Johannes gewesen. Hier hast Du Konfi- und Jugendarbeit gemacht.“ Weitere Stationen wie das Theologiestudium in Münster, Vikariat in Unna und Sondervikariat in Namibia folgten. „Ökumene war und ist dir ein Anliegen und damit bist du in der Gemeinde hier gut aufgehoben.“ Kaiser, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Münster gekommen ist, habe „jede Menge Kompetenzen im Gepäck in der Seelsorge und auch im Bereich fresh-x und es ist gut, dass mit dir und den Menschen deiner Generation ein neuer Drive in unsere Kirche kommt. Wir brauchen das und ich feiere das!“

Bei der anschließenden Einführung assistierten dem Superintendenten Pfarrer Dr. Moritz Gräper, Auferstehungs-Kirchengemeinde, und Pfarrerin Christine Jürgens, Lukas-Kirchengemeinde, die im gleichen Vikariatskurs wie Kaiser waren. Presbyterin Christiane Heining-Mühlenschulte erzählt, dass es Nele Kaiser bei der Wahl der Votant*innen, die der neuen Ortspfarrerin biblische Segensworte mit auf den Weg gaben, darum gegangen sei, das ganze Spektrum abzudecken: verschiedene Altersklassen, Funktionen und Gruppen, die in Gemeinde vorkommen. Unter anderem seien aus dem Presbyterium deshalb die jüngste und die älteste Person dabei, jemand von jeder Kita, zwei Konfirmanden und Kaisers Vikariatsmentor Pfarrer Detlef Main. Dazu passt, dass Prädikantin Susanne Pietsch die Rahmung des Gottesdienstes übernahm: „Aus beiden Gemeindeteilen sollten Menschen beteiligt sein. Ich habe mich sehr gefreut, heute mitwirken zu dürfen, das ist auch eine Ehre. Wir freuen uns, dass Nele da ist, und da ist es gut, dass so viele Menschen gekommen sind, die sie auf ihrem Lebensweg begleitet haben.“

Kaiser, für die das Gebet auch in der Seelsorge eine große Rolle spielt, legte in ihrer Predigt 1. Tim 2,1-7 aus. Einen Text, in dem der Apostel Paulus die Gemeinde in Ephesus eindringlich dazu aufruft, sich in Bitte, Fürbitte, Dank und Lobpreis an Gott zu wenden, und an erster Stelle für andere Menschen zu beten. Vor allem anderen. Für alle Menschen. „Es leben gute 8,04 Milliarden Menschen auf der Welt. Wieviel Zeit habt ihr heute mitgebracht“, fragte Pfarrerin Kaiser lächelnd die Festgemeinde.

„Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist“, zitierte sie kurz darauf Dietrich Bonhoeffer, dies sei ihr „persönliches Bekenntnis zur Kirche“. Wenn jede*r schaue, wo Gutes getan werden könne, dann falle der Blick auch auf die „Menschen, die ich Gott besonders ans Herzen legen möchte, die durchs Raster fallen“. Menschen aller Altersklassen, Kinder, Erwachsene, alte Menschen, die mit Bürokratiehürden und Armut zu kämpfen haben, mit denen missbräuchlich umgegangen wird oder die Gewalt erfahren. Gerade für sie solle im Gebet vor Gott eingetreten werden. „Jesus hätte sie wie die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen von den Straßen und Gassen zum Essen eingeladen“, führte Kaiser aus, „Wenn wir das nicht schaffen, dann können wir wenigstens für sie beten. Für sie und für veränderte Machtverhältnisse.“ Und dann gebe es noch die Menschen, für die man vielleicht gar nicht beten könne. Die grausamstes Leid verursacht hätten, bei denen aus menschlicher Sicht nicht an Vergebung zu denken sei. Der Bibeltext habe einen hohen Anspruch: „und wenn Du merkst, es geht einfach nicht, da kommt nicht ein gutes Wort raus, wenn Du nichts zum Danken übrig hast […], dann werde still. Schweige. Du musst nicht beten, wenn Du es nicht kannst“. Paulus formuliere sein Anliegen als Bitte: „Was wir nicht können, das hat Gott längst getan“, so glaubt es Kaiser ganz fest, „Gottes Herz ist groß genug für alle“.

Die Gemeinde sang als Antwort auf die Predigt, begleitet von der JaCombo unter der Leitung von James Schäfer, „Weise uns den Weg, Gott geh mit“. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst zudem von einem gemeinsamen Chor aus Schola und Jakobuschor, unter der Leitung von Daniel Gerlach, und der Organistin Deborah Marcus.

Bei einem anschließenden Empfang im gegenüberliegenden Gemeindehaus feierten Gemeinde, Gäste, Freunde und Familie weiter. Die Thomasgemeinde hatte zu Getränken und herzhaften Snacks eingeladen. Die Kinder spielten während der Grußworte bei schönstem Sonnenschein auf dem Rasen. Corinna Habeck, eine Freundin aus Jugendzeiten, die Nele Kaiser damals bei der gemeinsamen Juleica-Ausbildung in der Jugendbildungsstätte Tecklenburg kennengelernt hatte, freute sich, dass nach den unterschiedlichen Stationen nun wieder ein intensiverer, direkter Kontakt möglich ist: „Das ist total schön, wir wohnen tatsächlich nur ein paar Straßen voneinander entfernt.“

Für das Presbyterium gratulierte stellvertretend der Vorsitzende Erhard Schäfer und ist sich sicher: „Die Menschen in der Gemeinde werden dich lieben, weil du ein sympathischer Mensch bist und zuhören kannst und, wie wir eben gehört haben, auch predigen kannst. Ohne eine lebendige Kirchengemeinde kann es keine Kirche geben.“ Nicole Schulte