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Am Morgen und nicht am Gestern orientieren – Wolfgang Barenhoff setzt sich auch im Ruhestand für die Apostelkirchengemeinde ein

Genießt den Ruhestand und ist trotzdem noch für die Apostelkirchengemeinde aktiv: Wolfgang Barenhoff. Foto: Felder

Münster. Er war 27 Jahre lang Mitglied im Kreissynodalvorstand (KSV), etliche davon Mitglied im Verwaltungsrat der Diakonie Münster, 14 Jahre lang im Leitungsausschuss der Kitas im Kirchenkreis Münster und zuletzt auch Presbyter in der Apostelkirchengemeinde, zudem auch Mitglied in der dortigen Kantorei: Wolfgang Barenhoff. Doch was macht der pensionierte Lehrer, der 36 Jahre lang an der ESPA tätig war und wie nur ganz wenige technisches Know-how und kirchliches Interesse, Verwaltungskenntnisse und geistliche Neigungen, Kirchenmusik und Finanzen miteinander verbindet, heute ein Jahr, nachdem er (fast) alle Ämter niedergelegt hat? Darüber hat „Unsere Kirche“ mit Wolfgang Barenhoff, der von sich sagt „Die Kirche ist mein Leben“, gesprochen.

„Ich vermisse nichts“, macht Barenhoff sofort zu Anfang des Gespräches klar. „Ich bin gut eingebunden in die Familie, habe vier Enkelkinder und genieße meine freien Abende.“ Trotzdem will der Diplom-Ingenieur seine Fachkenntnisse weiterhin gern in die Gemeindearbeit einbringen, zumal größere Projekte vor der Apostelkirchengemeinde liegen. „In unserer Kirche hat gerade eine große Innenraumsanierung begonnen“, erklärt er. „Vor allem das Deckengewölbe muss dringend saniert werden, weil es an einigen Stellen einzustürzen drohte.“ Deswegen sei dort ein großes Gerüst aufgebaut worden. Insgesamt 600000 Euro soll die Innenraumsanierung kosten, wobei ein Drittel der Summe vom Staat übernommen wird, da es sich um eine Patronatskirche handelt. Kürzlich erhielt die Gemeinde außerdem 150000 Euro von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. „Wir haben lange überlegt, und uns dann entschieden, nur das Notwendigste zu machen“, versichert Barenhoff. So würden die Malereien im hinteren Teil der Kirche, der nach dem Krieg zerstört wurde und wo das Deckengemälde nicht ersetzt wurde, nicht wiederhergestellt, obwohl es Fotos von den Malereien gebe. Auch die Bänke und der Holzfußboden würden nicht restauriert.

Aber auch um die Kirche herum bahnen sich große Veränderungen an. Da das Gebäude des alten Kreiskirchenamtes nur noch in der ersten Etage belegt ist (wo Superintendentur, Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenkreises und Mediathek auf Dauer verbleiben), Erd- und Dachgeschoss aber frei sind, hat das Presbyterium der Apostelkirchengemeinde beschlossen, alle Gemeinderäume in dieses Haus zu verlegen. Die Räumlichkeiten in dem Verwaltungsgebäude seien flexibel, und die Wände könnten versetzt werden, um neue Gemeinderäume zu schaffen, so Barenhoff. Allerdings müssten wegen der historischen Bausubstanz die Auflagen des Denkmalschutzes berücksichtigt werden. In das benachbarte Bonhoeffer-Haus, in dem sich bisher der große Gemeindesaal befindet, soll eine fünfgruppige Kita verlegt werden. „Wir müssen das Gebäude sinnvoll nutzen, und eine Kita steht immer für die Zukunftsorientierung einer Gemeinde“, erläutert Barenhoff. „Eine zweigruppige Kita rechnet sich heute aber nicht mehr.“ Einen Kindergarten zu haben, stelle heute eine Verpflichtung für eine Gemeinde dar, und er versuche bei dem Prozess seine Erfahrungen und Fachkenntnisse mit einzubringen. Der Jugendtreff im Bonhoeffer-Haus aber solle erhalten bleiben.

Darüber hinaus werden im Gestaltungsraum I, zu dem die Apostel-, die Erlöser-, die Auferstehungs-, die Andreas und die Markusgemeinde sowie Handorf gehören, intensive Gespräche darüber geführt, wie Gebäude künftig gemeinschaftlich bewirtschaftet werden können. Er nutze derzeit seine informellen Kontakte und Netzwerke, um die Menschen davon zu überzeugen, dass sie nicht immer nur an das Gestern, sondern auch an die Zukunft denken sollten. Neue Möglichkeiten bieten sich laut Barenhoff auch durch den Umbau der Volksbank, die in unmittelbarer Nachbarschaft der Apostelkirche liegt. Dort soll unter anderem ein großer Versammlungsraum für 300 Leute entstehen. „Für uns bedeutet das, dass wir an die Volksbank herantreten müssen, denn für uns könnte der dortige Versammlungsraum die Chance bieten, dass wir keinen großen Gemeindesaal mehr vorhalten müssen.“ Darüber hinaus stünden viele Räume in Schulen leer, die genutzt werden könnten. So probe etwa die Kantorei, der Barenhoff und seine Frau viele Jahre hindurch angehörten, bereits nicht mehr im Bonhoeffer-Haus.

Wolfgang Barenhoff bereitet es Sorgen, dass so viele Menschen aus der Kirche austreten und damit auch finanzielle Mittel wegbrechen. „Die Gebäude kosten uns viel Geld, und in 15 Jahren haben wir die Finanzen dafür nicht mehr“, gibt er zu bedenken. Grundsätzlich stehe er nach wie vor zum Aufbau der evangelischen Kirche von unten nach oben, aber an einigen Punkten müsse seiner Ansicht nach das Kirchenrecht geändert werden, um gewisse Vorhaben vorantreiben zu können. Den Verantwortlichen in der Kirche wünsche er jedenfalls für die schwierigen Entscheidungen eine glückliche Hand, sei aber zuversichtlich, dass Superintendent Holger Erdmann die Entwicklung richtig einschätze. „Ich verfolge die Kreissynoden noch mit großem Interesse und bin ansonsten in der Kirchenmusik noch aktiv – beim Blechbläserensemble und bei der Kantorei, wenn Not am Tenor ist“, betont Barenhoff. „Die Musik hält mich hoch.“

Trotz aller Negativentwicklungen, der Austrittswelle und der Missbrauchsskandale hält er daran fest: „Die Kirche hat Zukunft.“ Hoffnung hat ihm die Wahl des neuen Papstes Leo XIV. gemacht. „Wenn der Papst Erfolg hat, strahlt das auch auf die evangelische Kirche aus“, urteilt Barenhoff. „Wir haben den Menschen eine wichtige Botschaft zu verkünden, und wenn wir im Bereich der Diakonie deutlich machen, was wir dort alles für die Menschen tun, wird sich das auch positiv niederschlagen.“ Bei der Austrittswelle habe sich gezeigt, dass vor allem die jüngeren Jahrgänge zwischen 30 und 45 Jahren keine Beziehung mehr zur Kirche hätten. Deshalb müsse die Kirche sich vorrangig der Familien annehmen und sich in der Kinder- und Jugendarbeit stark engagieren, fordert der ehemalige Presbyter. Gerd Felder