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Trauer nach Tod von Kirchenhistoriker Thomas Großbölting

Der 55-jährige Kirchenhistoriker Thomas Großbölting starb am 11. Februar 2025 beim Unfall eines ICE-Hochgeschwindigkeitszuges in Hamburg. Foto: FZH/Claudia Höhne

Hamburg/Münster. Die Hansestadt und die Universität Hamburg trauern um den Historiker Thomas Großbölting (55). Er sei ein Gewinn für die Universität Hamburg und den Wissenschaftsstandort insgesamt gewesen, teilte Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Donnerstag mit. Großbölting starb am Dienstag infolge des Unfalls eines ICE-Zuges in Hamburg, der auf einem Bahnübergang mit einem Sattelschlepper zusammengestoßen war.

Seit Ende 2022 war er zudem geschäftsführender Direktor der Akademie der Weltreligionen. Öffentlich bekannt wurde er besonders durch seine Studien zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in kirchlichen Zusammenhängen, etwa als Mit-Autor der evangelischen ForuM-Studie, die im Januar 2024 veröffentlicht wurde.

Der Münsteraner Bischof Felix Genn würdigte vor allem Großböltings Engagement für die wissenschaftliche Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Auch in Münster hatte er eine Aufarbeitungsstudie koordiniert. Die Aufarbeitung sei für ihn „kein Forschungsprojekt wie jedes andere“ gewesen. „Bei jeder Begegnung mit ihm spürte ich, wie sehr das, was Priester und andere Mitarbeitende der katholischen Kirche Menschen durch sexuellen Missbrauch und seine Vertuschung angetan haben, ihn auch persönlich mitnahm, anrührte und zu Recht zornig machte“, sagte Genn laut Mitteilung.

Die Forschungsstelle für Zeitgeschichte hatte bereits am Mittwochabend kondoliert. Als Direktor habe Großbölting die Forschungsstelle mit neuen Impulsen und frischen Ideen geprägt. „Er hatte noch viel vor“, hieß es in der Mitteilung. Großbölting hinterlässt eine Frau und vier Kinder.

Fegebank sagte weiter, Großböltings kluge Analysen seien immer „ein großer Gewinn für aktuelle gesellschaftliche Debatten“ gewesen. Großbölting war seit 2020 Professor für Neuere Geschichte/Zeitgeschichte im Arbeitsbereich Deutsche Geschichte der Universität Hamburg und Direktor an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH).

Auch in unserem Gestaltungsraum, den drei Evangelischen Kirchenkreisen des Münsterlandes, hat der tragische Unfalltod von Professor Großbölting Trauer und tiefe Bestürzung ausgelöst. Erst vor zwei Wochen haben wir Professor Großbölting mit einem beeindruckenden Vortrag zur ForuM-Studie in Münster erlebt. So scharf sein wissenschaftliches Urteil über jahrelange Versäumnisse bei der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in beiden großen Kirchen ausfallen konnte, so empathisch und engagiert waren seine Fürsprache und sein Eintreten für die berechtigten Belange der Betroffenen. Sein viel zu früher Tod hinterlässt eine enorme Lücke. In unserem Gestaltungsraum werden wir uns immer mit tiefem Respekt an Professor Großbölting erinnern und sein Anliegen, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit unserer Kirche und ihre größtmögliche Vereitelung in Gegenwart und Zukunft, entschlossen und konsequent weiter vorantreiben. In unseren Gedanken und Gebeten sind wir bei seiner Familie, besonders bei seiner Frau und seinen Kindern. (epd)(kkms-te)

 

Bericht zum Vortrag mit Podiumsdiskussion “Ein Jahr ForuM-Studie – Wie weiter nach dem Doppelpunkt?” mit Thomas Großbölting Ende Januar in Münster:

Ein Jahr ForuM-Studie – Wie weiter nach dem Doppelpunkt? – Evangelischer Kirchenkreis Münster