Warendorf. Im Abschiedsgottesdienst der philippinischen Jugenddelegation am 11. Juli in der Jakobuskirche in Münster saß ich als Vater eines Teilnehmers und hörte, wie ein junger Philippino über 1. Korinther 12 predigte (viele Körperteile, ein Körper). Er betonte, wie wir trotz unserer Unterschiede zusammengehören und im Glauben verbunden sind. Als Form der Beteiligung konnte man auf einem Plakat eigene Gedanken dazu auf einen Körperumriss schreiben. Für mich war es die Erfahrung, mich selbst durch die Augen der ökumenischen Partner neu sehen und verstehen zu können. Das möchte ich gerne erläutern.
Jetzt gerade liegen vor mir kleine Gastgeschenke aus dem Jahr 1998: Muscheln, eine exotische Pili-Nuss als Schlüsselanhänger, kleine Beutel und Ketten, die ich als Student bei meiner eigenen Teilnahme an dem damaligen Jugendaustausch auf den Philippinen geschenkt bekommen hatte. Handbeschrieben von liebenswürdigen Menschen, an die ich gerne zurückdenke. Für mich Erinnerungen an eine faszinierende Reise, in der ich nicht als Tourist, sondern als Gast, Mitchrist und Teil der Gruppe aufgenommen wurde, die damals Pfarrer Martin Mustroph geleitet hatte. Neben den Gegensätzen der Hauptstadt Manila zwischen Slums und Shopping, Schulen auf Müllhalden und Menschen, die auf Bahngleisen campierten, erlebten wir superfreundliche Gastgeber, eine wunderschöne Natur und vor allem lernte ich von der Art, wie der Glaube ausgedrückt wurde: Verbunden mit dem Leben, fröhlich, gemeinschaftlich, emotional.
Ein etwa gleichaltriger Philippino namens Lemuel Igdanes zeigte uns damals seine Heimat. Ich sehe noch Bilder von Fahrten mit dem Tuk Tuk (einer Autorikscha) durch den Monsun-Regen zu Dorfkirchen. Eine Predigt, die ich dort halten durfte, Gottesdienste mit kräftigem Gesang und Bewegung. Essen am Strand, Gespräche und gemeinsame Gebete.
Viel ist geschehen seitdem. Ich selbst zog nach dem Studium und Vikariat ins Ruhrgebiet und konnte leider nicht an den Treffen des deutsch-philippinischen Freundeskreises Barkadas teilnehmen. Inzwischen lebe und arbeite ich in Warendorf. Umso erfreuter war ich zu hören, dass dieses Jahr philippinische Gäste nach Münster kommen. Mein ältester Sohn Martin (17) bekam die Chance, Teilnehmer des diesjährigen Jugendprogramms zu werden.
An einem Wochenende konnte ich dann ihn, Eric-Jan Miranda, einen jungen Philippino, sowie Pastor Josua Malto und eben jenen Lemuel Igdanes zu uns nach Warendorf abholen, also den Freund, der mir vor 26 Jahren sein Heimatdorf gezeigt hatte. Inzwischen sind wir beide Pfarrer und konnten uns über unsere Arbeit austauschen. Unter welchen schwierigen, politischen und materiellen Bedingungen Gemeinden dort leben, hat mir geholfen, unsere aktuelle Situation als Kirche ganz neu zu sehen. Wir hatten in unserem Gemeindehaus Gemeindeglieder zu einer Begegnung mit den Gästen eingeladen, bei der auch die bedrohten Menschen- und Freiheitsrechte auf den Philippinen Thema waren. In unserem Gottesdienst in der Christuskirche haben wir das Lied Silayan gemeinsam gesungen, ein philippinisches Lied über Liebe und Hoffnung, füreinander gebetet und unseren Gemeindegliedern die Chance gegeben, auch Teil dieser Partnerschaft zu werden.
Beim Abschied sind wieder Geschenke ausgetauscht worden. Pastor Josua Malto hat unsere Christuskirche gezeichnet, vor der gerade die zahlreichen Origami-Kraniche einer Kunstaktion zum 125jährigen Jubiläum der Kirche zu sehen sind. Auf dieser Zeichnung hat der kunstbegabte Geistliche Zeilen eines Friedensliedes geschrieben.
Mit den beiden habe ich nun auch nach ihrer Abreise dank Internet einen intensiven Austausch. Die Themen, die Pastor Igdanes am Herzen liegen, sind die Arbeit für die Armen und Marginalisierten. Die Bewahrung der Schöpfung angesichts des Klimawandels mit den Augen unserer philippinischen Freunde zu sehen, ist sehr erhellend. Er ermutigt uns, weiter Salz der Erde und Licht der Welt zu sein und unsere Gaben und Einsichten in unsere Glaubensgemeinschaft einzubringen. So können wir gegen spaltende und die Konflikte eskalieren lassende Kräfte etwas anderes einbringen: Auch durch unsere Partnerschaften haben wir die Chance, Frieden zu fördern, der mit uns selbst, mit mir selbst, beginnt. Cornelius Bury