Bielefeld. Mit Beschlüssen über Rahmenbedingungen für deutliche Einsparungen im landeskirchlichen Haushalt endete die Frühjahrstagung der Landessynode der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) am Sonnabend, 4. Mai, in Bielefeld. Vorausgegangen waren intensive Beratungen über erste Maßnahmen zu einem Haushaltssicherungskonzept, die die Kirchenleitung der Synode als oberstem Entscheidungsgremium der Landeskirche vorgelegt hatte.
Auf ihrer vorangegangenen Tagung im Herbst vergangenen Jahres hatte die Landessynode die Erarbeitung eines Haushaltssicherungskonzeptes in Auftrag gegeben, nachdem der aktuelle Haushaltsentwurf für den landeskirchlichen Haushalt 2024 nicht genehmigungsfähig gewesen war. Dabei handelt es sich um den Haushalt, der alle Dienste und Arbeitsfelder auf der Ebene der Landeskirche betrifft. Die Gemeinden und Kirchenkreise sind davon nicht unmittelbar betroffen. Sie finanzieren sich aus dem sogenannten ‚gesamtkirchlichen Haushalt‘, der neben dem landeskirchlichen Haushalt separat geführt wird.
Sinkende Kirchensteuereinnahmen, aber auch strukturelle Probleme aus der Vergangenheit, die in einzelnen Handlungsfeldern deutlich geworden waren, hatten ein Haushaltsdefizit in Höhe von 14,3 Millionen Euro aufgezeigt. Auch die Umstellung der jahrzehntelang praktizierten kameralen Buchführung auf eine zeitgemäße, kaufmännische Haushaltsführung hatte zu der klaren Darstellung beigetragen.
Verabschiedet wurde im Bielefeld-Betheler Tagungszentrum Assapheum zunächst ein Nachtragshaushalt für das laufende Jahr 2024. Darin konnte das strukturelle Defizit in einem ersten Schritt auf knapp 8,8 Millionen Euro verringert werden. Wesentliche Faktoren dafür waren moderate Tarifabschlüsse des vergangenen Jahres, aber auch das Aufschieben geplanter Investitionen, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung.
Ziel des darüberhinausgehenden Haushaltssicherungskonzeptes ist es, den landeskirchlichen Haushalt bis zur Planung des Haushalts für das Jahr 2028 wieder ausgeglichen zu gestalten. Im Wesentlichen sollen dafür der Kirchensteuereinsatz sowohl für die Arbeit des Bielefelder Landeskirchenamtes als auch für alle weiteren landeskirchlichen Ämter und Einrichtungen bis 2027 um 20 Prozent gekürzt werden. Diese Kürzung ist schrittweise, beginnend mit dem Haushaltsjahr 2025, umzusetzen. Basieren werden die Einsparungen jeweils auf einer weiteren Aufgabenfokussierung und -kritik. Für alle landeskirchlichen Einrichtungen geht der Prozess einher mit der konsequenten Einführung der Budgetierung. Ämter und Werke, die schon in den zurückliegenden Jahren eine Reduzierung der Kosten eingeleitet hatten, werden ihre Budgets entsprechend angleichen können.
Ebenfalls um 20 Prozent reduziert werden alle Zuschüsse, die die westfälische Landeskirche an unterschiedlichen Stellen dauerhaft gewährt. Ausgenommen sind lediglich solche Leistungen, die gesetzlich verpflichtend sind.
Wesentliches Element des Haushaltssicherungsprozesses wird nach Überzeugung der Synode eine Reorganisation des Landeskirchenamtes in Bielefeld sein. Hier, am Hauptsitz der Landeskirche, müssen alle Aufgaben, die bisher zentral für die westfälische Kirche vorgehalten werden, in zukunftsorientierter Weise neu zugeschnitten werden. Auch darin schloss sich das oberste Entscheidungsgremium der Landeskirche der Einschätzung der Kirchenleitung an. Die künftige Struktur des Landeskirchenamts soll jedoch weder zum Verlust wesentlicher landeskirchlicher Dienste noch zu betriebsbedingten Kündigungen führen.
Die Synode beauftragte die Kirchenleitung, die jetzt beschlossenen Rahmenvorgaben zur Haushaltssicherung zeitnah im Austausch mit den jeweiligen Leitungsfeldern und Arbeitsbereichen in konkrete Maßnahmen umzusetzen. Auf der nächsten ordentlichen Tagung der westfälischen Landessynode im November dieses Jahres soll eine entsprechende Konkretisierung und Weiterentwicklung des Haushaltssicherungskonzeptes vorgestellt und zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Die Mitglieder der Synode waren sich einig in der Einschätzung, dass ein Haushaltssicherungskonzept nur als kontinuierlicher Prozess zum gewünschten Ziel eines ausgeglichenen Haushalts führen kann.
Darüber hinaus befasste sich die Synode mit der künftigen Finanzierung der Evangelischen Schulen in Westfalen. Derzeit wirken westfalenweit sieben Schulen in direkter landeskirchlicher Verantwortung. Deren anspruchsvoller pädagogischer Arbeit mit evangelischem Profil maßen die Synodalen große Bedeutung bei. Die landeskirchlichen Schulen genießen bei Eltern, Schüler*innen und auch in der Fachwelt hohes Ansehen. Gleichwohl sah es die Synode als unumgänglich an, den Anteil an Kirchensteuern, aus dem bisher der kontinuierlich ansteigende Finanzbedarf für den Trägeranteil der Schulen gemäß dem NRW-Schulgesetz getragen wird, wesentlich zu verringern. Sie beauftragte die Kirchenleitung und das verantwortliche Dezernat im Landeskirchenamt, Gespräche mit den politischen Partnern aufzunehmen, um gemeinsam veränderte Finanzierungswege zu finden. Auch die Entwicklung neuer, evangelischer Trägermodelle schloss die westfälische Landessynode langfristig nicht aus.
Für intensive Diskussionen sorgte die Zukunft der kirchenmusikalischen Ausbildung in Verantwortung der EKvW. Sie wird bislang an zwei verschiedenen Standorten angeboten; das klassische kirchenmusikalische Studium erfolgt in Herford, die popularmusikalische Ausbildung kam in den vergangenen Jahren in Witten hinzu. Beide Ausbildungsstränge genießen hohes Ansehen und sollen nach bisherigen Planungen in einer Kirchenmusikhochschule zusammengeführt werden. Geplant ist dafür laut Beschluss der Kirchenleitung ein Hochschulneubau in Nachbarschaft der Evangelischen Hochschule in Bochum, dessen Umsetzung jedoch aufgrund der Haushaltslage vorerst gestoppt wurde.
Zahlreiche Synodale bekräftigten die strategische Bedeutung, die eine hochqualifizierte, akademische Ausbildung von Kirchenmusiker*innen für die Evangelischen Kirche von Westfalen hat. Die westfälische Hochschule für Kirchenmusik ist die einzige ihrer Art in Nord- und Westdeutschland. Die Synodalen verbanden ihre Wertschätzung für das westfälische Studium der Kirchenmusik in kirchlicher Trägerschaft jedoch mit der Erwartung an die Kirchenleitung, in Verhandlungen mit anderen Landeskirchen innerhalb der Ev. Kirche in Deutschland (EKD) über eventuelle Kooperationen einzutreten.
Neben weiteren Veränderungsvorhaben wie dem schon begonnenen Abbau paralleler Leitungsfunktionen in landeskirchlichen Einrichtungen und Landeskirchenamt sehen die Maßnahmenentwürfe eine Neustrukturierung der Evangelischen Studierendengemeinden an westfälischen Hochschulstandorten vor. Auch hier sah die Synode ein nicht unwesentliches Einsparpotential, wenn etwa Verwaltungseinheiten zusammengeführt werden. Details sollen in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen in den Studierendengemeinden erarbeitet werden.
In Dortmund soll das Haus Landeskirchlicher Dienste einer Nutzung zu marktüblichen Konditionen zugeführt werden. Das Büro- und Tagungshaus in der Dortmunder Innenstadt soll weiterhin im Besitz der Landeskirche verbleiben; als landeskirchlicher Tagungsort wird der – neben dem Bielefelder Landeskirchenamt und dem Tagungs- und Bildungszentrum Villigst – dritte große Standort der westfälischen Landeskirche künftig aber nicht mehr zum Einsatz kommen.
Bis zur nächsten Tagung der Landessynode im November 2024 sollen die erarbeiteten Eckpunkte des Konzeptes weiter präzisiert und erste Veränderungen umgesetzt werden. Dazu zählen auch zahlreiche kleinere Maßnahmen, sowohl innerhalb der Arbeit des Landeskirchenamtes als auch in den Ämtern und Einrichtungen, die innerhalb der Einsparvorgaben nur für geringe Effekte sorgen werden.
Die Mitglieder der Synode dankten der Projektgruppe, der Steuerungsgruppe und den Mitgliedern der Kirchenleitung, die intensiv die Beschlussvorlagen erarbeitet hatten. Mit dem jetzt beschlossenen Rahmen für ein Haushaltssicherungskonzept werde die Zuversicht, auch in Zukunft als wirkkräftige Kirche für die Menschen in Westfalen da zu sein, bekräftigt.
Zum Hintergrund:
Die Landessynode ist das oberste Entscheidungsgremium der Evangelischen Kirche von Westfalen. Ihr gehören 189 Mitglieder an. Neben den von den 26 Kirchenkreisen der Landeskirche entsandten Synodalen zählen dazu auch Vertreterinnen und Vertreter von evangelisch-theologischen Fakultäten. 162 Mitglieder der Synode sind stimmberechtigt, hinzu kommen Mitglieder mit beratender Funktion aus Dezernaten, Diensten und Einrichtungen der Landeskirche.