Unter dem Motto: „Frieden – bist du dabei?“ wurde das Mühlenhof-Freilichtmuseum in Münster am 3. September unter der Leitung von Citykirchenpfarrer Thomas Ehrenberg zu einem interaktiven Friedensdorf.
„Die Menschen erleben viel Gewalt“, Citykirchenpfarrer Thomas Ehrenberg antwortet nachdenklich auf die Frage, warum er ein Friedensdorf organisiert hat. Für ihn sei es eine spannende Herausforderung gewesen, mit Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen an der Friedensthematik zu arbeiten. „Häufig lassen wir in Kirche die Kinder etwas vortanzen und die Erwachsenen schauen zu“, ärgert er sich, „ich möchte, dass alle generationenübergreifend die Möglichkeit haben, etwas auszuprobieren, zu entdecken und dabei eine Haltung zu entwickeln.“
Als Einstieg in das Programm des Friedensdorfes wählte Ehrenberg ein Mitmachtheater zum Thema „Frieden braucht Herz“, weil es die Facetten der Gewalt des Krieges und der Gewalt auf den Straßen aufnehme. Dafür engagierte er den Schauspieler Christoph Gilsbach. „Wir können vergleichen, welche Friedenstraditionen uns im Leben tragen“, erläutert Ehrenberg. Eine südafrikanische Tradition gefällt ihm besonders: „Ein Mensch, der einen Fehler gemacht hat, wird in die Mitte eines Kreises gestellt. Alle sagen ihm etwas Gutes“. So werde die positive Seite gestärkt und der Mensch nicht nur ausgegrenzt oder weggesperrt. Ganz bewusst hat Thomas Ehrenberg das Mühlenhof-Freilichtmuseum als Ort ausgewählt: „Ich möchte keine geschlossene Veranstaltung. Ich gehe dahin, wo die Menschen sind, um miteinander ins Gespräch zu kommen, zu besonderen Orten, die eine historische Bedeutung haben, wo ich etwas anfassen und ausprobieren kann“. Dr. Christof Spannhoff, der Direktor des Mühlenhof-Freilichtmuseums, ermöglichte dies gerne.
Hilke Rahn, seit kurzem Jugendreferentin im Jugend- und Bildungswerk des Evangelischen Kirchenkreises Münster, animierte mit ihrem Team die Besucher:innnen, verschiedene Kooperationsspiele zu testen. Das Spinnennetz forderte die Geschicklichkeit der Spieler:innen. Jede:r musste auf die andere Seite des Netzes gelangen, ohne die kreuz und quer gespannten Seile zu berühren. Schnell war klar: Das gelingt nur gemeinsam. Beim bubble-ball war voller Körpereinsatz gefragt. Mit dem Kopf voran in die transparenten Bälle geschlüpft, konnte direkt getestet werden, wieviel Nähe oder Distanz zum Gegenüber in Ordnung ist. „So kommen wir gut miteinander über die Frage ins Gespräch ‚Was braucht es für den Frieden‘“, erklärte Rahn.
In den nachmittags stattfinden Workshops konnten die Teilnehmer:innen sich ausprobieren und einen Perspektivwechsel einnehmen. Dr. Heike Plaß, Referentin für Erwachsenenbildung, leitete den Workshop „Stammtischparolen“. „Der Workshop soll Leute motivieren, nicht den Mund zu halten, wenn Parolen geworfen werden, sondern aufzustehen“, erklärte die Referentin, „Das macht Mut für sich und andere, dem Parolengeber den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ich muss die Menschen nicht bekehren, aber ich muss aufstehen und Haltung zeigen.“ Die Teilnehmer:innen hatten sichtlich Spaß an den Rollenspielen, in denen sie abwechselnd den Parolengeber mimten oder den Mut aufbrachten, diesem entgegenzutreten.
Auf dem Markt der Friedensmöglichkeiten stellten sich lokale Friedengruppen an ihren Ständen vor. Viele Menschen kamen hier zusammen und konnten von Pfarrer Martin Mustroph hören, was der westfälische Friede mit der Kolonisierung der Philippinen zu habe und welche Auswirkungen dies auf die Menschen hatte. Der Weltgebetstag der Frauen stellte sich am Stand direkt nebenan vor. Eine Voraussetzung für den Frieden sei das Empowerment: Frieden blühe auf, wenn allen Menschen Zugang zur Bildung und zur Gesundheitsvorsorge verschafft werde, Frauen und Kinder sprachfähig gemacht würden. „Schlussendlich schafft das Frieden“, fasste Angelika Waldheuer, Vorsitzende der westfälischen Frauenhilfe, zusammen.
Das Friedensdorf klang mit einem Gottesdienst aus, der zum Frieden ermutigte. Ein Rätsel wurde hier ebenfalls aufgelöst. Den ganzen Nachmittag über hatte man auf dem Gelände hören können, wie ein Hammer auf Metall schlug. Wer bis dahin den Geräuschen nicht nachgegangen war, erfuhr nun, worum es sich handelte. Messerschmid Rafael Schlünder hatte ein Schwert zu einer Pflugschar umgewandelt, ganz gemäß dem biblischen Sprichwort. „Der Impuls für echten Frieden, der Gerechtigkeit, Gesundheit, Ganzheit, Gleichheit und vieles mehr umfasst, der geht von Gott aus“, hielt Superintendent Holger Erdmann fest. „Ich habe zwar eine Sehnsucht danach. Doch schnell (vielleicht auch viel zu schnell) bin ich dabei, die alten vertrauten Wege einzuschlagen. In meinem Verhalten, in meinen Reaktionen auf andere, die mir nicht vertraut sind. Frieden, so möchte ich das mal sagen, Frieden braucht die Offenheit, sich die Mühe zu machen, es anders zu versuchen, es neu zu versuchen“, ermutigte er die Anwesenden.
Musikalisch wurde die Veranstaltung von Jazz Force One begleitet. „Die Musik passt total zum heutigen Tag, sie bringt eine gewisse Leichtigkeit hinein“, freute sich Ehrenberg, „Das war eine runde Sache. Jeder Bereich hatte seinen eigenen Akzent und neue Perspektiven wurden geboten.“ Die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern, der Erwachsenenbildung des Evangelischen Kirchenkreises Münster, der Gewalt Akademie Villigst und der Band, habe Lust auf mehr gemacht. „Die Spiele haben wir dem Jugendreferat geschenkt. Das Weitergeben der Spiele und auch das Friedensdorf soll animieren, weiterzumachen mit dem Frieden.“