„Dieser erste Blaulichtgottesdienst im Kreis Steinfurt soll Ihnen die Gelegenheit geben, Kraft zu schöpfen“, sagte Diakon Eugen Chrost zur Eröffnung des Blaulichtgottesdienstes. Das Vorbereitungsteam freue sich über die rege Teilnahme. Eugen Chrost ist katholischer Koordinator der Notfallseelsorge in den Kreisen Steinfurt und Coesfeld.
Eingeladen hatten die Notfallseelsorge und die Polizeiseelsorge im Kreis Steinfurt sowie die PSU FW Kreis Steinfurt am 16. Juni in die Feuer- und Rettungswache Ibbenbüren. Beim PSU handelt es sich um die psychosoziale Unterstützung zur Verarbeitung von belastenden Ereignissen für den Rettungsdienst und die Freiwilligen Feuerwehren im Kreis Steinfurt. Zur Eröffnung des Gottesdienstes übermittelte Pfarrer Jörg Zweihoff, selbst Feuerwehrmann, und Synodalbeauftragter für Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst im Ev. Kirchenkreis Tecklenburg, herzliche Grüße der drei Superintendent*innen im Tecklenburger Land/Münsterland. Superintendentin Susanne Falcke (Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken) nahm am Gottesdienst teil. Viele Rettungskräfte waren mit ihren Angehörigen gekommen. „Sie leisten eine wichtige Arbeit“, betonte Kreisdirektor Peter Freitag. „Sie stehen den Menschen als Notfallseelsorger*innen und in der Psychosozialen Unterstützung von Einsatzkräften zur Seite. Vielen Dank dafür!“ Er brachte Grüße von Bürgermeister Dr. Marc Schrameyer und Brigitte Janz, Geschäftsbereichsleiterin1, mit, die terminlich verhindert waren.
Und der Gottesdienst gab allen Beteiligten unter freiem Himmel in entspannter sommerlicher Atmosphäre viel Stärkung und Glaubenskraft mit auf den Weg. Musikalisch begleitete Organistin Maria Nolte aus der Kirchengemeinde Ibbenbüren am E-Piano Lieder wie „Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt“ und „Laudate omnes gentes“ („Lobsingt, ihr Völker alle“). In ihrer Dialogpredigt nahmen Alexandra Hippchen, landeskirchliche Pfarrerin für Notfallseelsorge und Notfallbegleitung im Münsterland, und Pfarrer Jörg Zweihoff Bezug auf das Vaterunser, das Gebet, in dem alle Bedürfnisse der Menschen enthalten sind. Nicht zu plappern wie die Heiden, sondern um das zu bitten, was lebensnotwenig sei, trägt Jesus in der Bergpredigt seiner Hörerschar auf. „Wie leben wir in einer Welt, die so überdeutlich voll ist von Unglück, Ungerechtigkeit und Tod?“, fragte Hippchen. Im Vaterunser werde keine Versprechung dazu gemacht, dass die Welt besser werde. Aber: Gott führt das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Und Gott stellt sich vor als der, der nur in Beziehung erkennbar wird. „Gott sieht das Unglück der Menschen. Er ist zornig über das Unrecht. Er begleitet seine Menschen, die die Befreiung ersehnen“, so Alexandra Hippchen weiter. Jörg Zweihoff erinnerte an den tragischen Angriff auf Feuerwehrleute in Ratingen und an den rechtsextremen Terroranschlag in Lienen, bei dem ein Feuerwehrmann starb.
„Warum muss ein Kind sterben“, fragte er. Darauf habe er keine Antwort. Mit der Bitte „Dein Wille geschehe, im Himmel wie auf Erden“ habe er so seine Schwierigkeiten. „Ich glaube nicht, dass es Gott gefällt, wenn ein Kind stirbt“, so der Theologe. „Gott leidet mit uns und stärkt uns. Er hilft uns dabei, die Not zu lindern. Lasst uns da sein, wenn die Menschen uns brauchen“, appellierte er an die Gottesdienstbesuchenden. Immer wieder sei man in der Notfallseelsorge auch mit der Schuldfrage konfrontiert, beispielsweise wenn es darum gehe, wer der Unfallverursacher sei. Aktuell stelle sich die Schuldfrage auch im Mittelmeer bei dem gesunkenen Fischkutter mit hunderten Flüchtlingen. „Die eigene Schuld einzugestehen, ist nicht einfach. Doch anders geht es nicht,“ machte Jörg Zweihoff deutlich.
Alexandra Hippchen ging auf die Bitte, nicht auf die Probe gestellt zu werden, ein. Die finsteren Zeiten sollten uns nicht mutlos machen. „Bewährst Du Dich in dunkler Stunde“, fragte sie. Bezogen auf die Flüchtlingsfrage heiße das, selbst zu denken. „Bleibst Du in der Menschlichkeit?“ Jesus sei im Garten Gethsemane von Gott vor solch eine Probe gestellt worden. „Er ist am Kreuz gestorben, weil er Gott treu bleibt. Er setzt sein Leben ein für viele, auch wenn er selbst in Gefahr gerät“, sagte sie. „Erlöse uns von dem Bösen“, eine weitere Bitte im Vaterunser. „Der Ukraine-Krieg verstört uns zutiefst. Es ist eine Aufgabe, sich gegen den Kriegswahn stark zu machen“, unterstrich sie. Sie erinnerte die Zuhörenden an die 700 Menschen auf dem Fischkutter im Mittelmeer vor der griechischen Küste. Menschen sterben zu lassen, das sei böse. „Erlöse uns von dem Bösen, das Menschen zu Konkurrenten macht“, führte sie aus. Wenn der Mensch dem Menschen ein Freund sei, sei Gott ganz nah. Auch die Kraft sei dann ganz nah. In Fürbitten baten die Rettungskräfte und Seelsorgenden um einen langen Atem, um den Betroffenen von Unfällen und Katastrophen einen ersten Halt zu geben, damit sie ins Leben finden. Nach dem Gottesdienst hatten alle die Möglichkeit, sich bei alkoholfreiem Bier und Grillwürstchen auszutauschen. Text: Christine Fernkorn