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„Erste Hilfe für die Seele“ – „Notfallseelsorge Münsterland“ sucht neue ehrenamtliche Mitarbeiter:innen für den Einsatzdienst  

Der katholische Koordinator der Notfallbegleitung, Pastoralreferent Martin Remke, die frisch ausgebildete Notfallbegleiterin Anna Orschel und die evangelische Koordinatorin, Pfarrerin Alexandra Hippchen, freuen sich auf neue Ehrenamtliche in der Notfallbegleitung und Notfallseelsorge. Foto: Ev. Kirchenkreis Münster.

Münsterland. Der unerwartete Tod trifft die Angehörigen oft so heftig, dass es hilfreich ist, ehrenamtliche Notfallbegleiter:innen für die ersten Stunden nach dem Schrecken an der Seite zu haben. Notfallseelsorger:innen und Notfallbegleiter:innen sind Teil der Rettungskette und stehen Betroffenen in Krisensituationen wie bei plötzlichen Unfällen und Todesfällen, Großereignissen oder schweren Schicksalsschlägen rund um die Uhr beratend und helfend zur Seite. Die ökumenische Arbeitsgemeinschaft „Notfallseelsorge Münsterland“ bildet Ehrenamtliche zur/zum Notfallseelsorger:in bzw. Notfallbegleiter:in aus. Im Oktober startet ein neuer Ausbildungskurs. Eine Anmeldung ist bis zum 21. April möglich.

Wo Polizeibeamte eine Todesnachricht übermitteln, die Feuerwehr Menschen birgt oder der Rettungsdienst sich um Verletzte kümmert, sind es die Mitarbeitenden der Notfallbegleitung, die nach Überbringung der Nachricht bei den Betroffenen bleiben, die Verletzten und Angehörigen während der Rettung und in Wartezeiten zur Seite zu stehen, die sich der betroffenen Kinder annehmen oder Angehörige bei der Identifizierung von Toten begleiten. Wird Notfallbegleiterin Anna Orschel von der Leitstelle der Feuerwehr zu einem Notfall gerufen, lässt sie alles stehen und liegen und fährt los – unwissend, was sie diesmal erwartet. Lampenfieber gehöre dazu, denn „die Situation ist jedes Mal neu“, so Pfarrerin Alexandra Hippchen, Landeskirchliche Pfarrerin für Notfallseelsorge und Notfallbegleitung in der Region Münsterland sowie Sprecherin der Notfallbegleitung Münster. „Notfallbegleiter:innen sind da, wenn im individuellen Leben eines Menschen die Katastrophe eingetreten ist“, ergänzt Pastoralreferent Martin Remke, Katholischer Notfallseelsorgekoordinator für die Stadt Münster und den Kreis Warendorf. „Manchmal ist es schwer auszuhalten, für die Menschen ‚nur‘ da zu sein und nicht wirklich etwas tun zu können“, sagt Orschel. „Aber Betroffene brauchen oft genau das: Dass einfach jemand da ist.“ Nicht selten sei es gerade das scheinbar bloße Dasein der ausgebildeten Notfallseelsorger:innen und Notfallbegleiter:innen, das den Menschen im emotionalen Schock „eine Brücke in die Realität“ bietet.

Rund 70 Einsätze gab es im Jahr 2022 in Münster. Die Notfallbegleitung Münster steht unter der Schirrherrschaft von Oberbürgermeister Markus Lewe; Träger sind der Evangelische Kirchenkreis Münster, die Feuerwehr der Stadt Münster, das Malteser Hilfsdienst SV Münster, das Polizeipräsidium Münster und das Stadtdekanat Münster. Die Notfallbegleitung geschieht unabhängig von Konfessions- oder Religionszugehörigkeit, Hautfarbe oder Weltanschauung.

Als Notfallbegleiter:in müsse man mit belastenden Situationen anderer umgehen können, so Orschel. Einsatznachgespräche, Teamtage und regelmäßige Supervision unterstützen die Ehrenamtlichen bei der eigenen Psychohygiene. Remke erklärt: „Nach dem Einsatz ist es wichtig, wieder auf mich zu schauen: Was brauche ich, um loszulassen und Abstand zwischen das Schicksal der anderen und das eigene Leben zu bringen?“ Die frisch ausgebildete Notfallbegleiterin Orschel sagt, sie empfinde jedes Mal eine große Dankbarkeit als Notfallbegleiterin an den Extrem- und Ausnahmesituationen fremder Personen teilhaben zu dürfen: „Ich werde bewusster mit mir selbst“ – das sei das größte Geschenk. Die Ausbildung zur Notfallbegleiterin hat Orschel als einen Wandel und Wachsen der eigenen Persönlichkeit erlebt. Man werde in der Ausbildung sehr gut auf den Einsatz vorbereitet, gehe in die intensive Selbstreflexion und auch im jetzigen Team fühle sich die 46-Jährige, die die Ausbildung vor einem Jahr abgeschlossen hat, gut aufgefangen.

Wer an der Ausbildung Notfallbegleitung/Notfallseelsorge interessiert ist, muss ein erweitertes Führungszeugnis vorweisen; andere formale Voraussetzungen gibt es nicht. Ein Vorstellungsgespräch vor Ausbildungsbeginn dient als gegenseitige Möglichkeit des Kennenlernens. „Wichtig ist, dass die Menschen stabil sind und sicher im Leben stehen“, so Remke. „Die Ausbildung setzt auf das, was die Menschen mitbringen.“

Die Ausbildung zur/zum Notfallbegleiter:in umfasst insgesamt etwa eineinhalb Jahre und enthält Theorie und Praxiserfahrungen: Im „Grundlagenkurs“ wird an sechs Wochenenden mit insgesamt 120 Unterrichtsstunden ein bundesweit vereinbartes Curriculum durchgenommen. Inhalte sind beispielsweise Grundlagen der Psychotraumatologie, Gesprächsführung oder die Prävention sexualisierter Gewalt. In Rollenspielen werden die erlernten Techniken eingeübt, ehe Praktika bei Polizei und Feuerwehr sowie eine Phase begleiteter Einsatzerfahrungen folgen.

Die Ausbildung ist kostenfrei für alle Personen, die sich vor Ausbildungsbeginn vertraglich zu mindestens einem Jahr ehrenamtlicher Mitarbeit verpflichten. Von den ausgebildeten Notfallbegleiter:innen ist die Übernahme von mindestens 48 Stunden Bereitschaftsdienst pro Monat erwünscht.

Interessierte können sich per Mail an Pfarrerin Alexandra Hippchen wenden: . Eine Anmeldung für den neuen Ausbildungskurs, der im Oktober 2023 startet, ist bis zum 21. April möglich. Weitere Informationen zur Notfallseelsorge und Notfallbegleitung im Münsterland finden Sie auf dem Flyer und unter: https://www.notfallseelsorge-muensterland.de/.