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Weihnachten wirkt in der Wirklichkeit

Die Kantorei und das Kammerorchester an der Apostelkirche musizierten im traditionellen Kantatengottesdienst am zweiten Weihnachtstag in der Apostelkirche. Foto: Paul.

Münster. In festlichen Gottesdiensten an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen erinnerten die evangelischen Kirchengemeinden Münsters an die Weihnachtsbotschaft von der Nähe Gottes zu den Menschen, die gerade in der aktuellen Zeit Trost, Kraft und Hoffnung spenden kann.

Das diesjährige Weihnachtsfest sei ein Weihnachtsfest „in unruhigen Zeiten“, bekannte Superintendent Holger Erdmann gleich zu Beginn seiner Predigt an Heiligabend in der Trinitatiskirche. Die aktuellen Krisen und Kriege bereiteten ihm in diesem Jahr gemischte weihnachtliche Gefühle, so Erdmann. In der von Ängsten und Unsicherheiten geprägten Zeit verstehe er den aus der biblischen Weihnachtsgeschichte stammenden Vers „Euch ist heute der Heiland geboren“ (Lk 2,11) als wortwörtlich ansprechend: Das „euch“ gelte ausnahmslos allen Menschen und über alle Zeiten hinweg. „Das Krippenkind ist Gottes Markenzeichen, seine Garantie für uns Menschen: Ja! Heute komme ich euch ganz nah!“, betonte Erdmann. Wer darauf vertraut, dass Gott „in Wirklichkeit immer schon auf dem Weg zu uns ist“, der könne erleben, „dass Angst und Not sich unter dem Einfluss dieses Kindes verändern können und nicht alles beim Alten bleiben muss.“

Auch Pfarrer Dr. Christoph Nooke unterstrich in der Christvesper in der Apostelkirche die weltverändernde Bedeutung von Weihnachten. Die biblischen Texte würden zeigen, dass Weihnachten den „Gegenentwurf gegen die Realität“ darstellt: „Statt eines mächtigen Herrschers kommt ein kleines Kind zur Welt; statt der stampfenden Kriegsstiefel kommt Gott zu uns mit strampelnden Kinderfüßen.“ Weihnachten sei ein Ereignis im Alltag – und der sei „damals wie heute kein puderbezuckerter, sondern ein teils harter, teils trauriger, teils fröhlicher, teils herausfordernder.“ Weihnachten wirke nicht in einem Winterwunderland, sondern in der Wirklichkeit.

Pfarrer Frank Winkelmeyer legte die weltverändernde Weihnachtsbotschaft in seiner Predigt an Heiligabend in der Epiphaniaskirche als „Zeitenwende besonderer Art“ aus. „Was immer uns Angst macht – die Weihnachtsgeschichte erzählt, dass es da noch etwas ganz anderes gibt, was nicht wegzukriegen ist“, verkündete er hoffnungsvoll.

In der Christvesper in der Matthäuskirche betonte Pfarrer Volker Roggenkamp die an Weihnachten erfahrbar werdende Zuwendung Gottes zu den Menschen: „An Weihnachten feiern wir nicht unsere Aktivität. Wir feiern Gott.“

Im traditionellen Kantatengottesdienst am zweiten Weihnachtsfeiertag erklang in der Apostelkirche die Kantate „Und es waren Hirten auf dem Felde“ aus dem Weihnachtsoratorium von J.S. Bach. Mit der Kantorei und dem Kammerorchester an der Apostelkirche musizierten Margrit Rieger (Sopran), Judith Gennrich (Alt), Jens Krekeler (Tenor) und Eberhard Dieckmann (Bass) unter der Leitung von Kreiskantor Konrad Paul. In der Predigt griff Superintendent Holger Erdmann das musikalisch verarbeitete Hirtenmotiv aus dem Lukasevangelium auf und stellte es in den Horizont des Predigttextes Matthäus 1,1-17: In der Nüchternheit eines Stammbaums platziere der Evangelist Matthäus „eine Ouvertüre, eine Ankündigung dessen, dass der Heiland in die Welt der Armen und Verzagten kommt. Zu denen, die sonst am Rande stehen und nicht richtig dazugehören.“ – Wie etwa zu den Hirten auf dem Felde als erste Zeugen der Geburt Jesu. Damit seien sich die unterschiedlichen Überlieferungen einig, „dass Gottes Botschaft auch und gerade durch die in die Welt kommt, mit denen man nicht rechnete“, so Erdmann.