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Jubiläumskonzert der Kantorei an der Apostelkirche mit bombastischer Besetzung

Die Gesangssolisten (v.l.) Thomas Wittig (Bass), Clemens Löschmann (Tenor), Marion Eckstein (Alt) und Inga-Britt Andersson (Sopran). Foto: Elvira Meisel-Kemper

Münster. Das war schon ein musikalischer Leckerbissen, den die Kantorei an der Apostelkirche in ihrer evangelischen Apostelkirche dem absolut begeisterten Publikum im fast vollbesetzten Kirchenschiff servierte. Vollbesetzt war auch der Chor und der Raum zwischen Altar und Besucherbänken mit den Musikern der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford, den SängerInnen der Kantorei an der Apostelkirche und den Herren des Philharmonischen Chors Münster. Die Gesamtleitung hatte Konrad Paul, Kreiskantor des Evangelischen Kirchenkreises Münster. Paul leitete auch die Gesangssolisten Inga-Britt Andersson (Sopran), Marion Eckstein (Alt), Clemens Löschmann (Tenor) und Thomas Wittig (Bass) sicher durch das nicht minder opulente und anspruchsvolle Programm. Auf dem Programm standen Anton Bruckners Messe Nr.1 d-Moll und der 4. und 5.Satz der Sinfonie Nr.2 „Auferstehung“ von Gustav Mahler.

Die Kantorei an der Apostelkirche begann 1946 buchstäblich in den Ruinen der Apostelkirche. Heute zählt die Kantorei rund 70 Sänger und Sängerinnen, die nicht nur aus dem näheren Umfeld der Gemeinde kommen. Längst ist sie durch Auftritte bei großen Konzerten überregional bekannt. Das Jubiläumskonzert war ursprünglich für den Mai 2021 geplant. Das Platzproblem wurde hervorragend gelöst. Hörner und Trompeten spielten für das Publikum unsichtbar in der Sakristei.

Paul hatte auch das Jubiläumsprogramm zusammengestellt. Bruckner schrieb seine Messe 1864. Erstmals setzte er seinen sinfonischen Stil in ein gigantisches Werk um, dass alle vier Solisten involvierte. Es war ebenso die Zeit von Richard Wagners Opern. Die Erstaufführung von Wagners „Tannhäuser“ war für Bruckner die wichtigste Inspirationsquelle. Bruckner verwandelte die Vorbilder aus der Wiener Klassik, indem er dem Chor und dem Orchester mehr dramaturgischen Raum verschaffte. Manches wie die zweite Fuge am Ende des Credos „et vitam venturi“ ließ er weg. Dafür konnte sich der Chor in breiten Klangflächen profilieren. Schon jetzt zeigte sich beim Publikum die pure Begeisterung über die Interpretation der Messe von Bruckner.

Allerdings steigerte sich die Begeisterung noch durch die Interpretation der beiden Sätze aus der Sinfonie von Mahler, die 1893 uraufgeführt wurde. Eckstein und Andersson verzauberten als Gesangssolisten ebenfalls. Noch stärker als bei Bruckner zeigte sich hier ein Stil, der tragisch-heroisch übersteigert wurde und ein Abbild der säkularisierten Kunstreligion in der Musik dieser Zeit darstellte. Auch hier war Richard Wagner ein großes Vorbild. Mahler war als jüdischer Komponist gefangen von der katholischen Mystik. Eindrucksvoll hat er das in Noten gefasst und noch eindrucksvoller setzten die MusikerInnen das um. Als die Kesselpauke ertönte, um die Tragik des Themas zu untermalen, überschlug sich buchstäblich die Akustik in der Kirche. Das alte Gemäuer und die Ohren der ZuhörerInnen haben auch das überlebt. Am Ende spendeten alle Besucher minutenlang und stehend begeisterten Applaus. Elvira Meisel-Kemper