Münster. Der Evangelische Kirchenkreis Münster führte von April bis Juni 2022 eine neue Fortbildungsreihe für Mitarbeitende in Kindertageseinrichtungen durch. Thematisch ging es bei „Lokalzeit Kirche“ um die Auseinandersetzung mit dem persönlichen Glauben und den Austausch über grundlegende Fragen zu Glauben, Kirche und christlicher Religion. Dr. Sabine Joy Ihben-Bahl, Pfarrer Ralf Fischer, Pfarrer Dr. Christoph Nooke und Pfarrer Thorsten Melchert hatten die Fortbildungsreihe konzeptionell entworfen und als Referentin und Referenten begleitet. Stefanie Tomberge, zuständig für die Fachberatung der Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Münster, wirkte ebenfalls mit.
Aufgabe und Selbstverständnis evangelischer Kindertageseinrichtungen ist, den Kindern christliche Werte, Rituale und Traditionen zu vermitteln. Dies geschieht beispielsweise im Laufe eines Jahres beim Feiern christlicher Feste oder beim Erzählen biblischer Geschichten – und in besonderem Maße tagtäglich, wenn Werte wie Selbstwirksamkeit, Wertschätzung und gegenseitiger Respekt vorgelebt werden. Die Kita-Mitarbeitenden sind Vorbilder, Erziehungsbegleitende und Bezugspersonen der Kinder. Gerade darum sei es wichtig, dass die Mitarbeitenden auch „etwas für sich machen“, berichtet Pfarrer Thorsten Melchert. Wer im Alltag und oft in kleinen Gesten etwas vorleben und an die Kinder weitergeben will, tue gut daran, die eigenen Werte und den eigenen Glauben zu kennen. Die Fortbildungsreihe „Lokalzeit Kirche“ knüpft hier an. Die Intiator:innen wollten Kita-Mitarbeitenden mit sieben aufeinander aufbauenden Einheiten einen Raum bieten, sich mit existenziellen Fragen zu beschäftigen, neue Perspektiven auf bekannte Inhalte der christlichen Religion einzunehmen, biblische Geschichten neu zu lesen und auch kritisch zu befragen und dabei den eigenen gelebten Glauben zu reflektieren. So wurde sich etwa den Themen Schöpfung und Erlösung mit den Fragen „Wo komme ich her?“ und „Wo gehe ich hin?“ angenähert.
Bei der Konzeption der Fortbildungsreihe war den vier Pfarrer:innen, die die Fortbildungsreihe über ein halbes Jahr gemeinsam entworfen hatten, wichtig gewesen, dass diese Fortbildung weder auf die Vermittlung von Faktenwissen noch auf Methoden zur didaktischen Umsetzung zielt, sondern dass die Teilnehmenden die einzelnen Sequenzen aktiv mitgestalten, persönliche Erfahrungen einbringen und miteinander teilen. An den vier Fortbildungstagen ging es ganz um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben in Form von Selbst- und Gemeinschaftserfahrung. Die Frage, was daraus konkret für die Praxis folgen kann, wurde zunächst hintenangestellt.
So ergab sich etwa aus der Beschäftigung mit dem Thema „Rechtfertigung“ die Frage nach der gelebten Rechtfertigung und damit die Frage, wie es sich eigentlich anfühlt, bedingungslos angenommen zu sein. Die Mitarbeitenden waren sich einig: Es fällt leichter, den Kindern zu vermitteln, dass sie großartig sind, so wie sie sind, als sich selbst anzunehmen und zu respektieren. „Ich bin und bleibe selbst meine größte Kritikerin“, sagte eine Teilnehmerin. Und eine andere ergänzte: „Vielleicht ist es so eine Erzieherinnen-Krankheit, sich immer um andere kümmern zu wollen. Es ist wichtig, sich auch mal selbst zu befragen.“
Zu den christlichen und kirchlichen Themen mit existenziellem Bezug wurde Persönliches geteilt, aber auch kontrovers diskutiert. „Da ist mir richtig ein Licht aufgegangen“, erzählte eine Teilnehmerin. Von dem regen Austausch profitierten nicht nur die Teilnehmenden: Pfarrer Dr. Christoph Nooke sagte zum Abschluss, er fühle sich durch die Gespräche in dieser Runde ermutigt, etwa auch mit Eltern von Konfirmandinnen und Konfirmanden offener über den persönlichen Glauben zu sprechen.
Die einzelnen Sequenzen der Fortbildungsreihe seien intensiv und oft sei es schwer gewesen, das Erlebte anschließend in Worte zu fassen. „Es hat viel in mir gemacht und weitergearbeitet“; eine „Oase im Alltag“ sei das Nachspüren gewesen; eine Begleitung, „die weitergehen muss.“ Auch anfängliche Skepsis sei bald überwunden gewesen und es wurde „ganz viel tolles neues“ entdeckt. Die Premiere der viertägigen Fortbildungsreihe fand am 14. Juni ihren Abschluss, doch die 20 Teilnehmenden sind sich einig: „Es muss weitergehen!“
Stefanie Tomberge freute sich über die begeisterten Stimmen und versicherte, dass sie das erfolgreiche Konzept in irgendeiner Form fortführen wird. „Auch diese Dimension des Glaubens gehört zu unserem Leben“, findet sie. Als selbstverständliche und explizite Dimension evangelischer Kitas sei es daher wichtig, den Mitarbeitenden auch Möglichkeit und Begleitung bei der Erfahrung des eigenen Glaubens zu bieten. Wo Mitarbeitende der Kitas reflektiert und selbstbewusst in ihrem eigenen Glauben stehen, da könne dieser Glaube auch im besten Sinne zum gelebten Glauben werden. Es zeige sich ein Potenzial von Kirche, bemerkte Pfarrer Thorsten Melchert: „Wenn sich Mitarbeitende mit dem christlichen Glauben und christlichen Werten identifizieren, wird die Kita zum kirchlichen Ort.“