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Damit Pfingsten begeistert – Festlicher Kantatengottesdienst im Rahmen des „Musica Sacra“-Festivals in der Apostelkirche

Beim Kantatengottesdienst an Pfingstsonntag wirkten das Kammerorchester con variazione und Organistin Anne Temmen Bracht sowie die Kantorei an der Apostelkirche mit Projektsängerinnen und Projektsänger. Foto: Martin Füser.

Münster. Als Gabe Gottes hat Martin Luther einst die Musik bezeichnet, die „die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich und die Verzagten herzhaft macht“. Und genau diese Gabe bekam beim festlichen Kantatengottesdienst am Pfingstsonntag in der Apostelkirche einen besonderen Stellenwert, aufgeführt im Rahmen des Festivals „Musica Sacra“ in Münster. Damit wurde die Tradition fortgeführt, an den kirchlichen Hochfesten eine dem jeweiligen Sonntag zugeschriebene Kantate im Gottesdienst aufzuführen.

Zum ersten Mal veranstaltete das Sinfonieorchester Münster dieses Festival, das an verschiedenen Konzertorten stattfand, gemeinsam mit dem Bistum und dem Evangelischen Kirchenkreis mit weitgehend dem Programm, das im Jahr 2020 pandemiebedingt ausfallen musste. Die Konzeption mit Musik von der Renaissance bis zur Moderne und aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen sollte über alle Grenzen hinweg das gemeinsame Motiv der Schöpfung aufgreifen. „Wird doch durch das Aufzeigen der Gemeinsamkeiten der Religionen einem möglichen Gegeneinander der Boden entzogen“, so Superintendent Holger Erdmann, der nicht in der Apostelkirche dabei sein konnte, im Grußwort zum Festivalprogramm. Und: „Je mehr es uns gelingt, das Miteinander über möglichst viele Grenzen hinweg zu betonen, desto besser wird es uns auch gelingen, uns der Vision einer friedlichen Welt anzunähern.“

Unter Leitung von Martin Henning, Leiter und Dirigent des Philharmonischen Chores Münster, der kurzfristig für den erkrankten Kreiskantor Konrad Paul eingesprungen war, erklang die Bach-Kantate „Wer mich liebet, der wird mein Wort halten“ (BWV 74). Mitwirkende waren die Kantorei an der Apostelkirche, das Kammerorchester con variazione und Organistin Anne Temmen Bracht. Das Besondere an dieser Aufführung: Die Kantorei wurde durch Projektsängerinnen und Projektsänger unterstützt. Als die vier Solostimmen waren in der voll besetzten Apostelkirche Anna-Sophie Kirchhübel (Sopran), Eva Trummer (Alt), Burkhard Solle (Tenor) und Harald Martini (Bass) zu hören.

Die eindringlichen Zeilen der Kantate, die erstmals im Jahr 1725 aufgeführt wurde, greifen im Wesentlichen Teile des 14. Kapitels des Johannes-Evangeliums auf und schließen mit der zweiten Strophe aus Paul Gerhardts „Gott Vater, sende deinen Geist“. Die ungewohnte Sprachweise des 18. Jahrhunderts wurde ebenso eindringlich von den musizierenden Akteuren in Szene gesetzt.

Zeilen wie „Ich zweifle nicht, ich bin erhöret“, „Die Wohnung ist bereit“ und „kommt, eilet, stimmet Sait und Lieder in muntern und erfreuten Ton“ können Trost und Zuversicht verbreiten, sogar Begeisterung vermitteln. Ein wertvolles Gut, gerade in diesen Zeiten, die geprägt sind von der Pandemie und einem Krieg in Europa.

In seiner Predigt griff Pfarrer Dr. Christoph Nooke das pfingstliche Begeistertsein auf. Dies werde in Gemeinschaft sichtbar. Dazu stellte er zwei Szenen nebeneinander: eine große Show mit Knalleffekt vor großer Menschenmenge und ein freundlicher Kreis am Kaffeetisch. Während die Show schnell vorbei und vergessen ist, sind die Menschen an der Kaffeetafel auch über das eine Treffen hinaus weiter füreinander da, mit einander verbunden. Es brauche einen Ort, ein Umfeld des Zusammenseins. Gerade dieses plastische Bild einer gemeinsamen Runde wurde und wird in der Pandemie so vermisst und herbeigesehnt.

In Gemeinschaft kann auch das pfingstliche Begeistertsein sichtbar werden. „Begeistert sein heißt, schauen, was da ist“, führte Nooke aus, heiße, auf Gott ausgerichtet sein, von Gott zu reden und so auch andere begeistern zu können. Für den Einzelnen bedeute das „Verständlichkeitswunder“ von Pfingsten – im Evangelium hörten alle die Jünger in ihren verschiedensten Muttersprachen reden – , dass Gottes Wort „für mich“ ist, „ich kann es verstehen“, „ich bin wichtig“. Für die Kirche bedeute dies: „Was wir tun, muss ankommen“, die Begeisterung müsse auf die Zukunft ausgerichtet sein, es gebe keinen „Status quo zum Ausruhen“.

Die nächste Ausgabe des „Musica Sacra“-Festivals soll turnusgemäß im Jahr 2024 stattfinden. Martin Füser