Münster-Hiltrup. Seit rund sechs Jahren besteht eine Kooperation zwischen der evangelischen Kindertageseinrichtung in Münster-Hiltrup mit dem Landwirtschaftsverlag, dessen größter Standort mit rund 500 Mitarbeitenden in unmittelbarer Nachbarschaft der Kita liegt. Sowohl die evangelische Kita als auch das Unternehmen profitieren von der gelingenden Zusammenarbeit.
Oftmals verfügen große Firmen über einen eigenen Betriebskindergarten. In Hiltrup geht man andere Wege: Die Betreuung der Kinder von Mitarbeitenden des Landwirtschaftsverlags ist integriert in die nahe gelegene evangelische Kindertageseinrichtung, die eine der 24 Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Münster ist. Durch eine vertragliche Kooperation des Unternehmens mit der evangelischen Kita haben Mitarbeitende des Verlags die Möglichkeit, sich unternehmensintern und vor öffentlicher Vergabe freiwerdender Kitaplätze auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind zu bewerben. Steht verlagsintern fest, wie viele Bewerber*innen es für ein neues Kindergartenjahr gibt, koordiniert Ute Hußmann, HR-Verantwortliche des Unternehmens, gemeinsam mit Stephanie Aubry, Leiterin der Kita, die Kapazitäten. Dem Unternehmen steht es dabei frei zu verfügen, wie viele Plätze für Kinder von Mitarbeitenden belegt werden sollen; entscheidend ist lediglich die Zahl der durch Austritt anderer Kinder freiwerdenden Plätze. Bislang konnten jedoch stets alle Betreuungswünsche seitens des Verlags berücksichtigt werden. Betreuungsplätze, die nach der Vergabe an Kinder von Mitarbeitenden des Verlags noch frei sind, werden öffentlich ausgeschrieben.
2012 sei der Landwirtschaftsverlag mit der Idee zur Kooperation auf die evangelische Kindertageseinrichtung an der Christuskirche in Hiltrup zugekommen. „Wir haben nicht lange überlegen müssen“, berichtet Aubry. Stefanie Tomberge, zuständig für die Fachberatung der Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Münster, bekräftigt: „Die Werte des umweltverbundenen Verlags und seine familienfreundliche Arbeitsplatzgestaltung decken sich mit den Werten unserer Kitas.“ Das Thema Schöpfungsbewahrung sei dieser Kita schon immer wichtig gewesen, was sich auch im weitläufigem und naturnah gestalteten Außengelände widerspiegelt. Die Kooperation mit einem auf Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit setzenden Unternehmen konnte man sich daher gut vorstellen. Und so nahm die Idee Konkretion an: Der Landwirtschaftsverlag verfügte über ein Grundstück gegenüber der seit den 1970er-Jahren bestehenden Kita. Hier errichtete die Stiftung des Landwirtschaftsverlags einen Neubau. In die Planungen der baulichen Gestaltung wurde auch Aubry einbezogen. 2016 schließlich wurde der neue Standort der Kita eingeweiht und mit der Einweihung des neuen Hauses zugleich die Erweiterung der Kita gefeiert. Seither verfügt die evangelische Kita in Hiltrup über 75 Betreuungsplätze, verteilt auf zwei Häuser mit jeweils zwei Gruppen: Das „Stammhaus“ beherbergt zwei Gruppen für Kinder von zwei und sechs Jahren; im neuerrichteten „Lalu-Land“ werden die „Raupen“, Kinder bis drei Jahre, und die „Schmetterlinge“, Kinder von drei bis sechs Jahren, betreut. Namensgeber der Dependance ist der Landwirtschaftsverlag als Vermieter und Kooperationspartner: „Lalu-Land“ steht in Anlehnung an die vom Landwirtschaftsverlag herausgegebene Zeitschrift „Landlust“. Im Zuge der Kooperation sind bis zur Hälfte der verfügbaren Plätze im „Lalu-Land“ durch Kinder von Mitarbeitenden des Unternehmens belegt.
Im „Lalu-Land“ finden sich auf zwei Etagen Gruppen-, Spiel- und Schlafräume und auch ein großzügiger Turnraum. Der Garten des Hauses grenzt unmittelbar an das Grundstück des Landwirtschaftsverlags. Teilweise können Mitarbeitende sogar aus dem Fenster ihres Büros die Kinder beim Toben im Garten beobachten. Von dem kurzen Weg zwischen Kita und Arbeitsstätte profitieren Eltern und Kita: Verletzt sich ein Kind oder wird ein Elternteil etwa in der Eingewöhnungsphase gebraucht, sind Mama oder Papa schnell vor Ort. Umgekehrt begegnet der Verlag der Kita gegenüber sehr offen und hilfsbereit: „Wenn wir mal nicht weiterwissen, rufen wir den Hausmeister vom Landwirtschaftsverlag an“, erzählt Jennifer Austermann, die die Dependance leitet. Auch seien die Kindergartenkinder bereits zu einem Verlagsbesuch eingeladen worden und regelmäßig besuche man die Fische im Teich auf dem Gelände des Unternehmens. Großes Engagement zeigen ebenso die Eltern, die sich besonders zu Beginn beim Bau und bei der Gestaltung der Kita eingebracht hätten. Im „Rat der Tageseinrichtung“ ist mindestens ein Mitglied Mitarbeitende Person beim Landwirtschaftsverlag, sodass auch Werte und Anliegen, die im Rahmen der Kooperation bestehen, in die konzeptionelle Gestaltung der Kitaarbeit eingebracht werden können. Darüber hinaus wirkt der Kooperationspartner nicht auf das pädagogische Konzept der Kita ein: Das „Lalu-Land“ ist evangelische Kita mit evangelischem Profil. Dies stelle eine Bereicherung für die evangelische Kirche und die Vermittlung christlicher Werte dar, berichten Aubry und Austermann. Es sei bereits vorgekommen, dass dank der Kooperation Werte, Geschichten, Lieder und Traditionen des christlichen Glaubens wieder Einzug in Familien erhielten, die bis zum Kitaeintritt des Kindes der evangelischen Kirche fernstanden. „Die Kita bringt die Kirche unverstaubt nach Hause“, fasst Tomberge treffend zusammen. In diesem Sinne stellt die Kooperation des Landwirtschaftsverlags mit der evangelischen Kita in Hiltrup eine win-win-Situation für alle Beteiligten dar. Ob zwischen Kirche und Unternehmen, Erzieher*innen und Eltern oder Kitaleitung und Koordinatorin – auf allen Ebenen herrsche eine gegenseitige Wertschätzung und eine Niederschwelligkeit. Insgesamt entstehe so ein gemeinschaftliches Gefühl der gemeinsamen Alltagsgestaltung, das alle Beteiligten als sehr bereichernd erleben. kl